Ostermünchen / Landkreis Rosenheim – Was ist denn nun mit der Fichte? Schneebruch, Stürme, Trockenheit und Käfer schaden dem „Brotbaum“ der Waldbesitzer, aber womit wollen wir in Zukunft bauen? Dieser und weiterer Fragen stellte sich der Verein „Wir bauen auf heimisches Holz e.V.“ in seiner Veranstaltung in Ostermünchen. Experten aus der Forst- und Sägewirtschaft standen Rede und Antwort und zeigten bei einem Waldspaziergang sowie in Vorträgen, wo die Reise hingeht.
Die Akteure der Wertschöpfungskette Forst-Holz zusammenzubringen ist eines der Ziele des Vereins „Wir bauen auf heimisches Holz e.V.“, der sich seit ein paar Jahren in der Region etabliert hat. Waldbesitzer, Säger, Zimmerer, Architekten und Bürgermeister kamen in Ostermünchen zusammen, um sich mit Wissen der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsstufen zu bereichern und sich gegenseitig auszutauschen.
Mit dem Bus ging es zunächst in den Rotter Forst. Ein skurriles Bild, der Linienbus auf einem Waldweg zwischen Fichtenmonokultur und zukunftsfähigem Mischwald. Ebenso beeindruckend waren die verschiedenen Waldbereiche, die Alois Kalteis, 1. Vorsitzender der Waldbesitzervereinigung (WBV) Rosenheim mit Förstern der Bayerischen Staatsforsten (BaySF) ausgewählt hat. Lukas Hofmann, Verantwortlicher Revierleiter der BaySF für den Rotter Forst, führte seine Gruppe in ein Schneebruch-Loch in einem Fichtenwald. „Hier hat schwerer Schnee eine ganze Reihe von Fichten abgebrochen, so dass nach Aufarbeitung des Schadholzes eine Fläche von 1500 m² kahl erscheint. Die Keimlinge, die bereits am Boden zu sehen sind machen in diesem Fall eine Neupflanzung unnötig.“ Der Blick auf den Boden zeigt 5 bis 20 cm hohe Tannen, die sich den Weg bereits bahnen. Daneben liegen die Baumstammabschnitte, die in den nächsten Tagen noch aus dem Wald heraus müssen. „Es ist extrem wichtig, das Holz aus dem Wald zu schaffen, denn in den gebrochenen und gefällten Bäumen findet der Borkenkäfer idealen Brutraum“, betont Hofmann. Prompt zeigt sich ein braunes Häufchen von Bohrmehl auf einem Stamm und beim Abschälen der Rinde findet sich ein Buchdrucker. An dieser Stelle der wichtige Appell an alle Waldbesitzer, das Holz schnellstens aus dem Wald zu bringen, um einen Käferbefall zu verhindern.
Fichte leidet besonders unter Klimawandel
Ein paar Meter weiter steht Stefan Breit, stellvertretendes Leiter des Forstbetriebs Schliersee der Bayerischen Staatsforsten, dem der Rotter Forst zugeordnet ist, mit seiner Gruppe in einem „Wald der Zukunft“. Zwischen großen Fichten wachsen verschiedene Laubbäume und Weißtannen in unterschiedlichen Größen von kniehoch bis zur Höhe eines Hauses. „Hier sehen wir eine gesunde und gut strukturierte Naturverjüngung. Bäume, die sich selbst angesamt haben und eine gute Mischung darstellen.“ Solch ein Dauerwald ist am besten dazu geeignet alle Anforderungen, die an ihn gestellt werden, zu erfüllen. Zukünftig soll vor allem die Tanne das Nadelholzangebot erweitern und auch die Douglasie wird eine Rolle spielen. Während diese in Wasserburg schon seit Jahrzehnten prächtig gedeiht, hat sie es auf den wasserbeeinflussten Böden im Rotter Forst schwer. So ist für jeden Standort die Fachkenntnis der Förster gefordert, um die richtige Baumartenmischung auszusteuern, die es trotz der Herausforderungen im Klimawandel schafft in den Himmel zu wachsen. „Wir setzen hier auch auf Eiche, Linde und Erle, insbesondere wenn der Schadensfall schon eingetreten ist und kahle Flächen bepflanzt werden müssen“.
Die Frage nach der Fichte, die ja unter der Klimaveränderung mit der einhergehenden Trockenheit ganz besonders leidet, beantwortet Dipl.-Forstwirt Michael Heffner, Geschäftsführer der WBV Rosenheim im Rahmen seines Vortrags im Landgasthof Wallner in Ostermünchen. Die provokante Frage der 1. Vorsitzenden des Vereins „Wir bauen auf heimisches Holz e.V.“ Jorun Klinger-Illner, die durch den Nachmittag führte, war: „Womit bauen wir denn in Zukunft, wenn die Fichte wegstirbt?“ Heffners Antwort: „Mit Fichte!“ Die Begründung: „Wir haben hier in den Alpen und im Alpenvorland den großen Vorteil, dass die Klimabedingungen weiterhin für die Fichte besser sind, als in Nordbayern.“ Während in Oberfranken oder der Oberpfalz ganze Hügel kahl liegen, weil kein Wald mehr vorhanden ist, sind wir in Südostoberbayern noch gut versorgt. Natürlich wird durch den Waldumbau die Fichte nicht mehr in Monokultur angepflanzt, wie nach dem Krieg. Aber die gesunde Mischung im Wald stärkt nicht nur die Artenvielfalt, sondern schafft stabile Waldbestände, in denen die Fichte nach wie vor wachsen wird.
Dadurch, dass aus unseren Wäldern mehr Holz verfügbar ist, als in den Sägewerken der Region eingeschnitten werden kann, wird immer Fichte für die südostoberbayerische Sägewirtschaft zur Verfügung stehen. Wie denn der Einschnitt von Holz von statten geht, betont Georg Baumgartner, Säger aus Polling bei Mühldorf in seiner Präsentation „Vom Stamm zum Bauholz“. Der Weg von der Waldstraße in die Sägewerke, die Einschnitt-Technologien und die Weiterverarbeitungsmöglichkeiten beeindruckten die Teilnehmer. Er präsentiert eine Gegenüberstellung der kleinen und mittleren Säger, die es in Südostoberbayern gibt, mit der großen Sägeindustrie, die in Deutschland und im angrenzenden Tirol stark vertreten ist. Während diese großen Sägewerke sich auf gleichmäßige Stämme mit Längen von 4 oder 5 Metern konzentrieren, ist es den Kleinsägern möglich, auch Langholz zu sägen. Die Auflagen zum Betrieb eines Sägewerkes sind allerdings für alle gleich. Daher kämpfen die Säger der Region mit Kostendruck und Investitionsherausforderungen. Jedoch sind sie wichtig, denn werden die kleinen Sägewerke noch weniger, gibt es bald kaum mehr die Möglichkeit, unseren Rohstoff Holz in unserer Region zu verarbeiten. Verlässt das Rundholz die Region, muss es von den Zimmerern als fertiges Produkt wieder teuer eingekauft werden. Das ist nicht der Gedanke einer gesunden regionalen Wertschöpfung. Auch zur Thematik der zukünftigen Holzarten müssen sich die Sägewirtschaft und die weiterverarbeitenden Betriebe darauf einstellen, Tanne, Douglasie oder auch Laubholzarten zu verarbeiten.
Spannende Fragen von Architekten
Spannende Fragen kamen von den anwesenden Architekten. „Wie ist es denn möglich, mit regionalem Holz zu bauen?“ Hier wurde vor allem auf die Möglichkeit von heimischer Lärche, heimischem Konstruktionsvollholz und Weiterverarbeitungsprodukten der Region verwiesen. Auch Zertifikate wie PEFC oder das CE-Kennzeichen seien notwendig, um in Bauvorhaben als Säger eine Chance zu haben. Der Verein bietet auch in seiner Online-Veranstaltungsreihe TimberTalk immer wieder Wissenswertes zu diesen Themen.
Zum Abschluss bedankte sich die Vorsitzende Jorun Klinger-Illner sowie ihr Stellvertreter Dr. Max von Bredow bei Bürgermeister Georg Weigl, der in seinen Grußworten auch die Wichtigkeit des Holzbaus betonte. Bei einem gemütlichen kulinarischen Ausklang entstanden gute Gespräche zwischen Architekten und Sägern, Zimmerern und Förstern. Die Wertschöpfungskette Forst-Holz ist wiedermal zusammengekommen und somit einen Schritt weiter für ein vertrauensvolles regionales Miteinander in der Zukunft.
(Quelle: Pressemitteilung „Wir bauen auf heimisches Holz“ / Beitragsbild: Klinger-Illner, zeigt: Die vom Verein „Wir bauen auf heimisches Holz e.V.“ organisierte Waldexkursion führte die Besucher in zwei Gruppen an verschiedene Waldbereiche. Hier ein „Wald der Zukunft“ mit verschiedenen Baumarten in unterschiedlichen Höhen)