Später Mähen für mehr Vielfalt

Später Mähen für mehr Vielfalt

Hilpoltstein / Bayern – Einheitsgrün statt bunter Blütenpracht: Mitte Juni sind in Bayern schon zahlreiche Wiesen gemäht, zum Teil auch bereits mehrmals. Viele Tiere und Pflanzen können jedoch nur überleben, wenn zumindest ein Teil der Wiesenfläche länger stehen bleiben darf.

„Die bunten Blumenwiesen, ohne die wir uns Bayern überhaupt nicht vorstellen könnten, sind heute ein bedrohter Lebensraum. Doch beim Schutz von artenreichem Grünland kommen wir seit Jahren nur schleppend voran“, so der LBV-Vorsitzende Norbert Schäffer. Immerhin wurden im Zuge des Volksbegehrens Artenvielfalt – „Rettet die Bienen!“ konkrete Vorgaben zum Schutz von artenreichem Grünland gemacht. Ein Lichtblick ist dabei aus Sicht des LBV, dass seit 2019 immer mehr Wiesen erst nach dem 15. Juni gemäht werden und das 10-Prozent-Ziel aus dem Volksbegehren für die späte Mahd bereits erreicht ist. „Doch leider ist der Gesamtzustand unserer Wiesen im Freistaat weiterhin schlecht. Deshalb läuft auf EU-Ebene sogar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland, weil diese wertvollen Flächen nicht genug geschützt werden. Die Staatsregierung muss deshalb beim Schutz von artenreichen Wiesen dringend nachlegen“, fordert Schäffer.
Wiesen und Weiden zählen zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas. Schonend bewirtschaftet sind sie eine Schatzkiste die Kulturlandschaft. Im Zuge des Volksbegehren Artenvielfalt – „Rettet die Bienen!“ wurde deshalb auf zehn Prozent des bayerischen Grünlands eine Mahd nach dem 15. Juni vorgeschrieben. So können Tiere und Pflanzen Rückzugsräume finden und sich fortpflanzen. „Dieses Ziel wird laut Landtagsanfrage bayernweit 2023 erstmalig erreicht. Somit ist seit 2019 ein Anstieg der spät gemähten Flächen im Freistaat zu verzeichnen.“
Doch zu frühe und zu häufige Mahd, Düngung und die Umwandlung von Grünland in Siedlungs- oder Ackerflächen gefährden weiterhin die wertvollen Wiesen. „Die bisherigen Bemühungen sind ein Schritt in die richtige Richtung. Doch trotz seiner einzigartigen Vielfalt und der wichtigen Funktionen für Boden-, Klima- und Hochwasserschutz ist artenreiches Grünland nach wie vor ein bedrohter Lebensraum, der mehr Schutz verdient“, so Schäffer.
Die EU hat Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) sogar verklagt, weil es seinen Verpflichtungen im Rahmen des europäischen Natura 2000-Schutzgebietsnetzwerks nicht nachkommt. Als explizites Negativbeispiel für Bayern nennt die EU „Magere Flachland-Mähwiesen“, also die wichtigen artenreichen Blumenwiesen. „Der besorgniserregend schlechte Zustand vieler Gebiete im Freistaat unterstreicht den dringenden Handlungsbedarf. Bayern muss dringend nachlegen, gebietsspezifische Erhaltungs- und Entwicklungsziele definieren und umsetzen und damit die Flächen wieder in einen artenreichen Zustand überführen”, fordert Schäffer.

Futtergrundlage für Insekten

Eine späte Mahd stellt sicher, dass Insekten immer ausreichend Blüten als Futtergrundlage finden. Spät blühende Pflanzen können ausreifen und Samen bilden, damit die Art fortbestehen kann. Mit Wiesenbocksbart und Margeriten sind im Juni auch viele andere Blühpflanzen reif. Wird früher gemäht, können sich diese nicht vermehren. Neben einem späten Mähzeitpunkt sind das Belassen von ungemähten Altgrasstreifen, die zeitversetzte Mahd von in räumlicher Nähe liegender Wiesen, die Verwendung von Balkenmähgeräten, höhere Schnitthöhen, sowie das Mähen bei bedecktem Himmel und kühleren Temperaturen effektive Maßnahmen, um Tiere bei der Mahd zu schonen.
Insbesondere Bodenbrüter wie Feldlerche, Uferschnepfe und Großer Brachvogel profitieren, wenn erst nach Abschluss der Brut gemäht wird. Allerdings sind viele Wiesenbrüterküken auch bis zum 15. Juni noch nicht flügge, manche Arten brüten zu diesem Zeitpunkt noch. Daher wäre eine Flexibilisierung der landwirtschaftlichen Förderprogramme erforderlich mit Schnittzeitpunkten angepasst an Zielarten und Zusatzprämien für diese Mähzeitpunkte. Der LBV ist aus diesem Grund aktiv im Bodenbrüterschutz tätig und markiert Nester, um mit den Bewirtschaftern eine angepasste spätere Mahd zu vereinbaren, damit die Vögel dieser vom Aussterben bedrohten Arten ungestört brüten und die Küken sicher das Nest verlassen können.
Das Hochwasser hat momentan große Auswirkungen auf das Grünland und auf die Wiesenbrüter. Die derzeit geplante Ausnahmeregelung für das Aussetzen der Schnittzeitpunkte auf vom Hochwasser betroffenen Flächen ist nachvollziehbar. Der LBV arbeitet mit Landwirten in Wiesenbrütergebieten daran, dass dies nicht dazu führt, dass Wiesenbrüter zusätzlich geschädigt werden.
(Quelle: Pressemitteilung LBV / Beitragsbild: Symbolfoto Copyright Gisela Schreiner)

Tod auf leisen Rädern

Tod auf leisen Rädern

Hilpoltstein / BayernIgel in bayerischen Gärten leben gefährlich. Der vermehrte Einsatz von Mährobotern oder Fadenmähern bedroht die kleinen Säugetiere in ihrer Lebensweise, warnt der bayerische Naturschutzverband LBV. Auch fügen die motorisierten Mähwerkzeuge ihnen häufig schwere Verletzungen zu.

Laufen Mähroboter nach Einbruch der Dämmerung, seien die nachtaktiven Tiere besonders gefährdet. „Die meisten Mähroboter erkennen kleine Tiere wie junge Igel, Jungvögel, Reptilien oder Amphibien nicht als Hindernis. Die Tiere können überrollt, verstümmelt und getötet werden“, weiß die LBV-Igel-Expertin Dr. Angelika Nelson. „Nicht selten sterben die Igel bei solchen Unfällen oder an den daraus resultierenden Wunden, die sich häufig entzünden.“
Im Rahmen des Projektes „Igel in Bayern“ beschäftigen sich die Artenschützer des LBV mit der Bedrohung der sympathischen Stachelritter auf den Straßen und in unseren Gärten. Auch bei bayerischen Gartenbesitzer*innen gewinnen Mähroboter von Jahr zu Jahr zunehmend an Beliebtheit. Vielen Roboterbesitzer ist allerdings nicht bewusst, welchen Schaden sie damit der Natur im eigenen Garten anrichten. Regelmäßig werden nämlich Tiere von den vermeintlich hilfreichen Gartenmaschinen verstümmelt oder getötet. „Viele Roboter-Opfer verkriechen sich und sterben heimlich im Versteck oder sie werden von Gartenbesitzern in der Mülltonne entsorgt. Daher gehen wir von einer hohen Dunkelziffer aus“, so Nelson weiter.

Igel sind Mährobotern
schutzlos ausgeliefert

Die Gefahr, die von den Geräten ausgeht, bestätigen regelmäßige Testberichte der Stiftung Warentest: Noch immer gibt es Mängel in puncto Sicherheit. So schützt im aktuellen Test nur eines von acht Modellen einen liegenden Kinderarm, der mit einem Holzstab simuliert wurde. „Ein Mähroboter, der Körperteile von Kindern überfahren würde, macht auch vor kleinen Tieren wie jungen Igeln, Jungvögeln, Blindschleichen, Eidechsen, Insekten und Spinnentiere nicht halt“, weiß die LBV-Expertin. „Und da Igel bei Gefahr meist nicht davonlaufen, sondern sich zu einer Stachelkugel zusammenrollen, sind sie den stets überlegenen Maschinen schutzlos ausgeliefert und unter allen Tieren von der Gefahr besonders betroffen.“
Mähroboter gefährdet auch die Artenvielfalt

Mähroboter nehmen der Tierwelt
jegliche Nahrungsgrundlage

Davon abgesehen entziehen Mähroboter Kleinsäugern und vielen Insekten jegliche Nahrungsgrundlage. „Im Rasen, der fast täglich vom Mähroboter gemäht wird, haben verschiedene Kleesorten, Löwenzahn, Wiesensalbei und Wiesenmargerite keine Chance Blüten zu bilden oder sich weiter auszusäen“, so Angelika Nelson. In der Folge bleiben die Insekten fern, die für Igel und andere Wildtiere einen Großteil ihrer Nahrung ausmachen. „Die wenigen Insekten, die sich doch auf den Rasen verirren werden oft in den Mähroboter eingesogen und zerhäckselt. Deshalb stellen Mähroboter eine Gefahr für die Artenvielfalt dar. Die Nutzung eines Mähroboters ist mit einer naturnahen Gartengestaltung nicht zu vereinen“, sagt Nelson.
Doch jede und jeder kann sich ganz einfach im eigenen Garten für die Artenvielfalt einsetzen. Mäht man Grünflächen lediglich ein oder zwei Mal im Jahr, siedeln sich von allein standorttypische Wildblumen an. „Hier gilt es etwas Mut zur Wildnis zu beweisen und der Natur mehr Raum zu geben – zumindest in einem Teil des Gartens. In der Stille eines naturnahen Gartens kann man gemeinsam mit Familie oder Freunden Igel, junge Vögel und mit etwas Glück sogar Eidechsen entdecken“, so die LBV-Biologin.

Verletzten Igel gefunden
Was jetzt  tun?

Wer ein verletztes Tier findet, bringt dieses bitte zu einem Tierarzt, der sich mit Wildtieren auskennt oder zu einer Auffangstation für Wildtiere. Die regionalen Natur- oder Tierschutzvereine können hierbei helfen. Der LBV möchte noch mehr über den heimischen Gartenbewohner erfahren und ruft deshalb alle Naturfreund*innen dazu auf, ihre Igel-Beobachtungen dem LBV-Bürgerforscher-Projekt „Igel in Bayern“ zu melden. Mitmachen ist ganz einfach: jeden lebendigen oder toten Igel melden über die App „Igel in Bayern“ oder unter www.igel-in-bayern.de.

Kompetente Beratung zu
Fragen rund um den Igel

Informationen und Tipps zum Schutz von Igeln, der richtigen Fütterung und der Gestaltung eines igelfreundlichen Gartens bietet der bayerische Naturschutzverband ab sofort kostenlos am LBV-Igeltelefon an. Sie erreichen das LBV-Igeltelefon Montag bis Freitag von 9 bis 16 Uhr unter Telefon 09174/4775-5001.
(Quelle: Pressemitteilung LBV / Beitragsbild: Symbolfoto re)