Bahn: Ärger wegen „desolater Infrastruktur“

Bahn: Ärger wegen „desolater Infrastruktur“

Holzkirchen / Augsburg / Rosenheim / Bayern – Die sogenannten „Langsam-Fahrstellen“ bei der Bahn werden immer mehr. Betroffen ist auch Rosenheim. Die Beseitigung dauert Wochen bis Monate. „Der Ärger wegen desolater Infrastruktur geht netzübergreifend weiter“, meldet die Bayerische Regiobahn (BRB) und macht ihren Ärger darüber in einer Pressemitteilung Luft.

Gleislagefehler, Weichenstörung, Schwellenauswechslung, Oberbauschaden – was auch immer die DB Netz AG als Grund für Baumaßnahmen und Langsam-Fahrstellen angibt, die Folge ist immer die gleiche: BRB-Züge haben Verspätung. Das sorgt inzwischen für massiven Ärger unter den Fahrgästen, führt zu enormen Belastungen der Mitarbeitenden der BRB und es verursacht obendrein auch hohe Kosten.

Ein paar Beispiele für Langsam-Fahrstellen in den Netzen der BRB:

  • Zwischen Schliersee und Bayrischzell: Führt zu Verspätungen im gesamten Netz Oberland, weil das Kuppeln und Flügeln in Holzkirchen nicht mehr planmäßig funktioniert, wenn die Zugteile nicht pünktlich am Bahnhof eintreffen oder abfahren können. Wann diese Langsamfahrstelle durch die DB Netz AG behoben wird? Zwischen dem 25. Juli und 12. August 2022 lautet die derzeitige Information. Allerdings entfallen in der Zeit die ersten beiden und die letzten beiden Züge von Montag bis Freitag. Das bedeutet wieder Schienenersatzverkehr mit Bussen.
  • Zwischen Schaftlach und Bad Tölz: Bautätigkeit nachts während der Zugverkehr ruht, Ende für Samstag, 9. Juli 2022, angekündigt.
  • Bei Aßling (auf der Strecke zwischen München und Rosenheim): Freigabe der Strecke war für den 1. Juli 2022 angekündigt, fehlt noch immer. Zum kommenden Wochenende hin soll ein Gleis nachgestopft werden, danach geht es zumindest mit 70 km/h statt mit 20 km/h voran, aber wann wieder die vollen 120 km/h gefahren werden können, kann
    die DB Netz AG noch nicht sagen.
  • Zwischen Weilheim und Dießen: Die Strecke wurde am vergangenen Freitag kurz vor Mitternacht gesperrt. Bis Samstagmittag dann Komplettsperrung – im Wochenendausflugsverkehr Zwischen Freilassing und Berchtesgaden: Verspätungen – ohne Druck durch die BRB wäre die Beseitigung am Ende auf einer langen Liste ganz unten gestanden, jetzt soll es schneller gehen. Aber kein konkreter Zeitpunkt durch die DB Netz AG genannt.Dazu noch „Kleinigkeiten“ wie Bahnübergangsstörungen, Signalstörungen und ähnliches, was sich ebenfalls häuft. Die tägliche Liste der Störungen wird immer länger und damit werden die Verspätungen immer mehr. Im Netz Chiemgau-Inntal kommen noch Pass- und Zollkontrollen hinzu, die ebenfalls viel Zeit kosten.
    BRB-Chef spricht von
    Hinhaltetaktik“

    Die Ursachen bei der DB Netz AG sieht BRB-Geschäftsführer Arnulf Schuchmann in dortigem Personalmangel, zu vielen Aufträgen für zu wenig Personal, und zu wenigen Firmen, die die Aufträge abarbeiten können. „Die Antworten auf meine drängenden Fragen nach der Beseitigung der Mängel sind immer die gleichen“, sagt der sichtlich genervte BRB-Chef, „man bemühe sich und versuche zu beschleunigen und zu verbessern. Das ist für mich reine Hinhaltetaktik und bringt uns sowie den frustrierten Fahrgästen gar nichts.“ Diese Salami- und Hinhaltetaktik führt dazu, dass Tag für Tag kurzfristig Fahrplanänderungen durchgerechnet und in die Fahrgastinformationssysteme eingepflegt werden müssen. Aufgrund der Vorlaufzeiten der diversen Informationskanäle sowie der Schwierigkeit, Prognosen für die Weiterfahrt abzugeben, ist eine ordentliche Fahrgastinformation nicht immer möglich.

    Trassengebühren machen
    obendrein noch Sorgen

    Was Schuchmann obendrein noch Sorgen macht, sind die Trassengebühren, die für jeden Kilometer, den die BRB in ihren fünf Netzen fährt, zu zahlen sind. Diese Gebühren betragen pro Woche rund 1,5 Millionen Euro, egal, ob die Strecke in einwandfreiem Zustand ist oder nicht. „Wenn ich eine Mietwohnung habe, zahle ich doch auch nicht den vollen Preis, wenn es zum Dach hineinregnet“, vergleicht Schuchmann. Dann sei eine Mietminderung fällig, diese wird aber von DB Netz und Politik für den Schienennahverkehr bis heute abgelehnt.
    (Quelle: Pressemitteilung BRB / Beitragsbild: Symbolfoto re)

Ärger über „Langsamfahrstellen“

Ärger über „Langsamfahrstellen“

Holzkirchen / Bayern – Die Bayerische Regiobahn (BRB) freut sich, dass nach zwei trüben Corona-Jahren zu Pfingsten das Fahrgastniveau von 2019 wieder erreicht wurde. Ohne Zweifel habe hierzu auch das 9- Euro-Ticket beigetragen. Allerdings bedauert die BRB die vielen Baustellen auf ihren Linien, die zwar langfristig die Infrastruktur verbessern sollen, jedoch bis dahin Fahrgästen und Eisenbahnunternehmen viel Geduld in den verspäteten Zügen abverlangen.

Nun kommen auch noch die vielen Langsamfahrstellen hinzu, die die zuständige DB Netz AG angeordnet habe. Diese betreffen die ohnehin schon baustellenbetroffene Strecke München – Salzburg und dort insbesondere den Abschnitt zwischen Rosenheim und München. An diesen Langsamfahrstellen im Netz Chiemgau-Inntal dürfen die Züge nun statt der dort üblichen 140 Stundenkilometer teilweise nur noch mit 20 km/h fahren. Zusammen mit den ohnehin laufenden Baumaßnahmen sei es inzwischen unmöglich, dort irgendeinen Zug pünktlich zu fahren. „Über Verspätungen ärgern sich unsere Fahrgäste verständlicherweise und wir tun alles dafür, immer pünktlich zu fahren, aber mit diesen Langsamfahrstellen ist es überhaupt nicht mehr zu schaffen“, erklärt BRB-Geschäftsführer Arnulf Schuchmann.

Kein Verständnis mehr
für Strafzahlungen

Wofür er darüber hinaus kein Verständnis mehr hat, sind die Strafzahlungen, sogenannte Pönale, die die BRB für die vielen Verspätungen zahlen muss. „Natürlich hat Sicherheit absolute Priorität, aber dann ist es nicht einzusehen, dass wir noch Millionen an Strafzahlungen aufgebrummt bekommen. Schließlich sind wir nicht der Verursacher, haben den betrieblichen Ärger und müssen uns natürlich auch vor unseren Fahrgästen rechtfertigen“, ärgert er sich. „Ich hoffe, dass die Länder mit ihren Aufgabenträgern von der Pönalisierung zurücktreten. Das wäre eine kurzfristige Erleichterung für uns Eisenbahnverkehrsunternehmen, die wir durch Corona finanziell zum Teil immer noch schwer gebeutelt sind.“

Masterplan Schienenverkehr mit
Modernisierungsplan unausweichlich

Arnulf Schuchmann schätzt, dass inzwischen rund 90 Prozent der Verspätungen auf die „marode und vollkommen veraltete Infrastruktur“ zurückzuführen sind. Kürzlich hatte Richard Lutz, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bahn AG, in einer Pressekonferenz von mangelnder Kapazität und überalterten Anlagen gesprochen, die störanfällig seien. Da gibt ihm der BRB-Geschäftsführer uneingeschränkt recht und unterstützt Lutz in seiner Aussage, dass ein rasch umzusetzender Masterplan Schienenverkehr mit einem Modernisierungsplan unausweichlich sei. „Wir sehen uns ständig mit Baumaßnahmen konfrontiert, die am Ende nur als Flickwerk bezeichnet werden können und kommen mit den Planungen von Schienenersatzverkehr und ähnlichem kaum noch hinterher, von der Fahrgastinformation ganz zu schweigen“, sagt er.

Qualitätsversprechen
statt Wirtschaftsergebnisse

Der Gesellschafter der BRB, die Transdev-Gruppe in Deutschland, fordert eine gemeinsame Kraftanstrengung des Bundes als Eigentümer der Deutschen Bahn, aller Aufgabenträger der Länder im Schienenpersonennahverkehr, der Eisenbahnverkehrsunternehmen und der DB Netz AG, um endlich das Konzept der gemeinwohlorientierten Infrastruktur umzusetzen. Tobias Heinemann, Sprecher der Geschäftsführung der Transdev-Gruppe in Deutschland: „Nur eine ausschließlich auf Qualität ausgerichtete Schieneninfrastruktur stellt sicher, dass der öffentliche Eisenbahnverkehr seinen Beitrag zur Verkehrswende leisten kann. Die gegenwärtig katastrophale Qualität in der Schieneninfrastruktur muss endlich ein Ende haben. Hierzu sind strukturelle Reformen überfällig, die sicherstellen, dass die DB Netz AG endlich nicht mehr über Wirtschaftsergebnisse, sondern über ein Qualitätsversprechen geführt wird.“
(Quelle: Pressemeldung Bayerische Oberlandbahn GmbH / Beitragsbild: Symbolfoto re)