320 Millionen Bäume sterben jährlich an Blitzeinschlag

320 Millionen Bäume sterben jährlich an Blitzeinschlag

München / Bayern / Deutschland / Welt – Blitze haben einen größeren Einfluss auf Wälder als bisher angenommen. Das haben Forschende der Technischen Universität München (TUM) mit neuen Modellrechnungen gezeigt und erstmals Berechnungen über den globalen Einfluss von Blitzen auf Wäldern vorgelegt. Demnach gehen weltweit jährlich 320 Millionen Bäume in direkter Folge eines Blitzschlags ein. 

Blitzschäden in Wäldern sind nur schwer zu erkennen und wurden nur in wenigen Wäldern systematisch untersucht. Wie viele Bäume weltweit jährlich an den direkten Folgen von Blitzeinschlägen eingehen, war daher bislang unbekannt. Ein Forschungsteam der TUM hat deshalb erstmals eine Methode entwickelt, mit der sich zeigen lässt, wie viele Bäume jährlich durch Blitzschlag so stark geschädigt werden, dass sie absterben. Ihre Schlussfolgerung: Der Einfluss von Blitzen auf Wälder wurde bislang unterschätzt.

Während frühere Studien zu den Auswirkungen von Blitzschlag auf der Beobachtung einzelner Wälder basierten, haben TUM-Forschende nun einen mathematischen Ansatz gewählt und auf Grundlage von Beobachtungsstudien und Blitzdaten ein etabliertes Vegetationsmodell erweitert. „Wir können nicht nur abschätzen, wie viele Bäume jährlich durch Blitzeinschläge absterben, sondern auch in welchen Regionen solche Ereignisse gehäuft auftreten und welche Folgen sie für die globale Kohlenstoffspeicherung und Waldstruktur haben“, sagt Andreas Krause, Erstautor der Studie und Forscher an der Professur für Land Surface-Atmosphere Interactions.

Anzahl getöteter Bäume könnte zukünftig noch steigen

Gemäß diesen Berechnungen verursachen Blitze jährlich das Absterben von etwa 320 Millionen Bäumen und sind für 2,1 bis 2,9 Prozent der jährlichen abgestorbenen pflanzlichen Biomasse verantwortlich. Der so verursachte Biomasseverlust setzt global rund 770 bis 1.090 Millionen Tonnen CO2 frei. Solche Zahlen sind laut den Forschenden überraschend hoch und liegen in derselben Größenordnung wie die rund 1.260 Millionen Tonnen CO2, die jährlich bei Vegetationsbränden durch die Verbrennung lebender Pflanzen freigesetzt werden. Der gesamte durch Vegetationsbrände verursachte CO2-Ausstoß ist jedoch höher, da dieser sich zusätzlich noch aus der Verbrennung von Totholz und organischem Material im Boden ergibt und insgesamt rund 5.850 Millionen Tonnen CO2 ausmacht.
„Da die meisten Klimamodelle davon ausgehen, dass es in Zukunft mehr Blitze geben wird, lohnt es sich, diesem bislang wenig beachteten Aspekt mehr Aufmerksamkeit zu schenken“, sagt Andreas Krause. „Aktuell ist die Blitzmortalität in den Tropen besonders hoch. Die Modelle gehen aber davon aus, dass die Blitzhäufigkeit vor allem in mittleren und hohen Breiten steigen wird. Blitze könnten also in Zukunft auch in unseren Wäldern eine immer größere Rolle spielen.“
(Quelle: Pressemitteilung Technische Universität München / Beitragsbild: Symbolfoto re)

TU München: Ein therapeutischer Virus gegen Krebs

TU München: Ein therapeutischer Virus gegen Krebs

München – Auch Tumorzellen können von Krankheitserregern befallen werden. Tatsächlich sind sie sogar besonders anfällig – ein Nebeneffekt ihrer Fähigkeit, sich vor dem Immunsystem zu verbergen. Das machen sich Privatdozentin Dr. Jennifer Altomonte und ihr Team bei Fusix Biotech zunutze. Die Ausgründung der Technischen Universität München (TUM) entwickelt virenbasierte Krebstherapien, die körpereigene Abwehrkräfte im Kampf gegen die Krankheit mobilisieren.

Das Fusix-Virus richtet in Tumorzellen gehörigen Schaden an – mit dem Ziel Krebs zu bekämpfen und Leben zu retten. Dafür lässt es die infizierte Tumorzelle große Mengen eines Proteins produzieren, das sich an ihrer Oberfläche anheftet. Dadurch wird der Befehl an die Nachbarzellen gesendet, mit der infizierten Zelle zu verschmelzen. Das tun sie prompt: erst eine, dann die nächste und immer weiter, bis das Gebilde regelrecht platzt. Durch den freigesetzten Zellinhalt wird das Immunsystem aktiviert. Immunzellen, die jetzt alarmiert werden, beseitigen zurückgebliebene Trümmer, attackieren intakte Krebszellen, die sich vorher vor dem Immunsystem tarnen konnten, und begrenzen die weitere Ausbreitung des Virus. Auf diese Weise könnten in Zukunft Tumore bekämpft werden, die auf andere Behandlungsansätze nicht ansprechen.
Jennifer Altomonte entwickelt in der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II des TUM-Universitätsklinikums virusvermittelte Immuntherapien. Den wissenschaftlichen Grundstein für Fusix hatte sie bereits 2016 gelegt. Damals forschte Altomonte an der TUM an Möglichkeiten, Krebs durch Viren zu bekämpfen.

Kombination aus zwei Viren.

„Krebs ist kein natürlicher Wirt für Viren – also war es unwahrscheinlich, in der Natur das perfekte therapeutische Virus zu finden. Deshalb haben wir eines konstruiert“, erzählt Altomonte. Ihr Ausgangsmaterial waren zwei Erreger, die Tiere befallen. Während der erste sich besonders schnell in bestimmtem Gewebe vermehrt, löst der zweite den charakteristischen Fusionsmechanismus aus. Altomonte und ihr Team haben die vorteilhaften Eigenschaften beider Viren kombiniert und Sicherheitsrisiken für Patientinnen und Patienten ausgeräumt
In Zell- und Tierversuchen konnten die Forschenden zeigen, dass das therapeutische Virus sich ausschließlich in Tumorzellen vermehrt. Schon mit einer relativ geringen Dosis wurden die Krebszellen besonders effektiv zerstört. Das Verfahren ließ Altomonte patentieren.

Entscheidung zur Ausgründung.

„An diesem Punkt musste ich mich entscheiden, ob ich die Technologie an ein bestehendes Unternehmen lizensiere oder selbst gründe.“ Die Entscheidung fiel ihr leicht, nachdem sie sich mit Gründerinnen und Gründern in ihrem Netzwerk ausgetauscht und an mehreren Entrepreneurship-Programmen teilgenommen hatte, darunter die TUM-Gründungsberatung und Angebote von UnternehmerTUM, dem Zentrum für Innovation und Gründung an der TUM: „Am Ende war ich begeistert davon, meine Rolle als Wissenschaftlerin zu erweitern und etwas völlig Neues zu lernen.“

Das Startkapital bildeten ein EXIST-Forschungstransfer-Stipendium und der M4-Award für biomedizinische Projekte des bayerischen Wirtschaftsministeriums. Über die TUM hatte sie weiterhin Zugriff auf hochmoderne Forschungsinfrastruktur. Besonders wichtig waren für Altomonte die Mitgründerinnen und -gründer, die sie ins Boot holte – Dr. Teresa Krabbe, die bereits als Doktorandin zu diesem Thema gearbeitet hatte, Prof. Markus Gerhard, Mikrobiologe an der TUM, der bereits Gründungserfahrung hatte, und Dr. Marian Wiegand, der umfassende Erfahrung in der Herstellung viraler Vektoren mitbrachte. Das Team wurde im TUM Venture Lab Healthcare gefördert.

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Bereit für die klinische Phase.

Seit der Gründung von Fusix Biotech 2022 hat das Team die Entwicklung der Technologie weiter vorangebracht. Mittlerweile ist die präklinische Phase des Projekts nahezu abgeschlossen. In diesem soll mit Tier- und Zellmodellen verifiziert werden, dass der Ansatz funktioniert wie gedacht. Sobald die Finanzierung dafür gesichert ist, will das Team das Arzneimittel unter GMP-Bedingungen produzieren, also unter den streng kontrollierten pharmazeutischen Bedingungen, wie sie für Medikamente beim Menschen vorgeschrieben sind. Dann sollen erste Studien mit Patientinnen und Patienten zur Behandlung von Leberkrebs durchgeführt werden.

Am heutigen Dienstag (17.6.2025)  präsentiert sich das Team auf der HLTH Europe, einer führenden Messe für Gesundheitsinnovationen, in Amsterdam. Im Wettbewerb EIT Health Catapult konnte sich Fusix als eines von drei vielversprechenden europäischen Life-Science-Start-ups für die Endrunde qualifizieren, die in Amsterdam abgehalten wird. Den Siegern winken ein Preisgeld und weitere Unterstützung durch etablierte Unternehmen.
(Quelle: Pressemitteilung TUM / Beitragsbild: Symbolfoto re)

TU München: Wie KI von Mäusen lernen kann

TU München: Wie KI von Mäusen lernen kann

München – Bewegungen genau vorhersagen zu können ist eine wichtige Fähigkeit für Mensch und Tier, aber auch für zahlreiche KI-Anwendungen – vom autonomen Fahren bis hin zur Robotik. Forschende der Technischen Universität München (TUM) haben nun herausgefunden, dass dies künstlichen neuronalen Netzwerken besser gelingt, wenn sie mit biologischen Daten aus der frühen Entwicklung des Sehsinns trainiert werden.

Ob Maus, Katze oder Mensch: Noch bevor Wirbeltiere ihre Augen öffnen, läuft auf der Retina bereits ein Trainingsprogramm ab, das komplett ohne Reize von außen auskommt. Hierfür breiten sich spontane Aktivitätsmuster wellenförmig auf dem Nervengewebe des Auges aus. Diese „retinalen Wellen“ genannte Aktivität der Nervenzellen koordiniert die frühe Verschaltung der Netzhaut mit dem visuellen System des Gehirns. Das Auge übt sich also im Sehen, bevor es mit dem eigentlichen Lerngegenstand in Kontakt kommt.

Forschende der TUM konnten nun nachweisen, dass auch künstliche neuronale Netzwerke, die die Funktionsweise des Gehirns nachahmen, von dieser Art Prä-Training profitieren können. „Das Training künstlicher neuronaler Netzwerke findet klassischerweise mit Daten statt, die der Aufgabe, die das Netzwerk erfüllen soll, sehr ähnlich sind. Wenn man dies analog zur Entwicklung des Sehsinns von Lebewesen betrachtet, startet ihr Lernprozess erst im Moment des Augenöffnens. Wir haben uns deshalb von der Natur inspirieren lassen und haben ein Prä-Training integriert, das dem biologischen visuellen System entspricht“, sagt Julijana Gjorgjieva, Professorin für Computional Neurosciences.

Prä-Training macht schneller und präziser

Im ersten Schritt untersuchte das Team, ob das Training mit den retinalen Wellen die Leistung eines neuronalen Netzwerks überhaupt beeinflusst. Hierfür trainierten die Forschenden Netzwerke auf unterschiedliche Arten: Ein Teil der Netzwerke durchlief ein Prä-Training mit retinalen Wellen einer Maus. Anschließend wurden sie mit einem Animationsfilm trainiert, der die Sicht einer simulierten Maus zeigt, die durch einen engen Korridor mit unterschiedlichen geometrischen Mustern an den Wänden rennt. Bei weiteren Netzwerken kam im Training nur der Animationsfilm zum Einsatz – auf das Prä-Training wurde verzichtet.

Die Aufgabe, die die Netzwerke im Anschluss bewältigen mussten, war für alle gleich: Sie mussten korrekt vorhersagen, wie sich das Muster an den Wänden des simulierten Korridors weiterentwickeln wird. Die mit retinalen Wellen trainierten Netzwerke bewältigten die Aufgabe präziser und schneller als jene, die ohne retinale Wellen trainiert worden waren. Um auszuschließen, dass die besseren Ergebnisse auf die längere Trainingsdauer zurückzuführen sind, passte das Team diese in einem weiteren Durchlauf an und reduzierte die Zeit, in der die prä-trainierten Netzwerke mit dem Animationsfilm vorbereitet wurden. Die gesamte Trainingszeit war somit für alle Netzwerke gleich. Die prä-trainierten Netzwerke stachen die anderen weiterhin in Geschwindigkeit und Präzision aus.

Auch bei Real-Filmen bessere Performance

In einem weiteren Schritt erhöhte das Team den Schwierigkeitsgrad: Die Forschenden trainierten die Netzwerke nun mit einem realen Video, das aus der Perspektive einer umherstreifenden Katze mit einer Action-Cam aufgenommen wurde und zeigt, was die Katze sieht. Die Bildqualität dieser Aufnahmen ist schlechter als die im Animationsfilm und die gezeigten Bewegungen sind komplexer. Dennoch übertrumpften auch hier die mit retinalen Wellen prä-trainierten Netzwerke den Rest.
(Quelle: Pressemitteilung TU München / Beitragsbild: Symbolfoto re)

Mit dem Gehirn Computer direkt steuern

Mit dem Gehirn Computer direkt steuern

München / Bayern – Mit dem Gehirn Computer direkt steuern – Früher Stoff für Science Fiction, heute Realität. Ende Oktober 2024 startet der Cybathlon. Ein Studententeam der TU München schickt Leon Lucas Joonatan Jokinen ins Rennen, der nach einem Badeunfall vor sieben Jahren Arme und Beine nicht mehr bewegen kann. 

Als Pilot muss Leon Lucas Joonatan Jokinen allein mit der Kraft seiner Gedanken verschiedene virtuelle Aufgaben bewältigen. Es geht beispielsweise darum, einen Rollstuhl-Avatar durch einen Raum zu steuern, einen virtuellen Roboterarm für eine Eismaschine optimal zu positionieren und eine Zeitlang zu halten sowie auf einem Bildschirm ein Icon zu finden und darauf zu klicken. „Für diese Aufgaben braucht es eine mentale Strategie“, sagt Jokinen. „Sich fokussieren auf eine Bewegung, die man selbst nicht ausführen kann“, benennt der 25-jährige die Anforderung, dem es Spaß macht, die ungenutzten Areale seines Gehirns wieder zu aktivieren.

„Cool, bei einem solchen Zukunftsprojekt dabei zu sein“

Als Medizinstudent kennt er sich aus mit den Fähigkeiten des menschlichen Körpers, und auch mit der Neuroplastizität des menschlichen Gehirns. So nennt man die Fähigkeit der Hirnzellen, sich ständig anzupassen und ein Stück weit neu zu erfinden, je nach Anforderung. Bis zum Wettbewerb trainiert der Student wöchentlich mehrere Stunden: „Es ist cool, bei einem solchen Zukunftsprojekt dabei zu sein.“
Er trägt dafür ein Netz über dem Kopf, an dem 24 Sensoren angebracht sind. Über ein Elektroenzephalogramm (EEG) kann damit die Aktivität von Gehirnarealen gemessen werden. Ein Computer empfängt diese Informationen, erkennt Muster und leitet daraus Aktionen ab. Bewegt ein Mensch etwa die rechte Hand, zeigt sich ein bestimmtes Muster im EEG, das der Rechner in eine Bewegung auf dem Bildschirm übersetzt. Selbst, wenn die Hand gelähmt ist, können diese Hirnregionen noch aktiviert werden. Ein Brain-Computer-Interface ist geschaffen.

EEG-Geräte gespendet und durch Freunde der TUM unterstützt

2022 entstand im neuroTUM-Team die Idee dafür. „Wir haben geschaut, an welchen Themen wir arbeiten wollen und an welchen Wettbewerben wir teilnehmen könnten“, erläutert Elektrotechnik-Studentin Isabel Tscherniak. „Beim Cybathlon klang der Wettbewerb mit der Hirn-Computer-Schnittstelle sehr spannend.“ Inzwischen ist die anfänglich vage Idee sehr konkret geworden. Eine Herstellerfirma spendete ein portables EEG-Gerät und die „Freunde der TUM“, ein Zusammenschluss von Emeriti, Professoren und Alumni, unterstützen die Studierenden finanziell.

Im Rahmen von neuroTUM arbeiten aktuell etwa zwanzig Studierende aus diversen Lehrstühlen daran, Signale sauber zu verarbeiten, Muster mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen zu klassifizieren, zu experimentieren und das System nicht nur echtzeitfähig zu machen, sondern immer wieder zu testen und zu verbessern. „Die Systeme robust und lauffähig zu machen, ist sehr komplex“, sagt Informatik-Student Iustin Curcean. „Wir sind oft stundenlang dran, Fehler zu finden zu beheben.“

Für den Cybathlon 2024: Wöchentliche Trainings mit dem Piloten

Vor allem aber bedeutet die Vorbereitung auf den Wettbewerb für die Studierenden, dass sie ihre Zeit in ein Projekt investieren, das sie neben den anstehenden Klausuren stemmen müssen. „Wir haben alle zwei Wochen Meetings, in denen wir die nächsten Schritte und To-Dos besprechen“, erläutert Isabel Tscherniak. Hinzu kommen, so kurz vor dem Wettbewerb, wöchentliche Trainings mit dem Piloten Leon Lucas Joonatan Jokinen. Wichtig ist, dass das Team funktioniert. „Es muss auch eine gute Zusammenarbeit sein, denn für uns ist es ja eine Freizeitaktivität“, sagt Iustin Curcean. „Nur wenn wir an einem Strang ziehen und wenn‘s sein muss auch mal bis Mitternacht dran bleiben, sind wir am Ende auch erfolgreich.“
(Quelle: Pressemitteilung TUM / Beitragsbild: Copyright Andreas Schmitz/TUM)

TUM erprobt Autonome Mobilität im Wiesnverkehr

TUM erprobt Autonome Mobilität im Wiesnverkehr

München  – Das Münchner Oktoberfest als Härtetest für KI: Zum ersten Mal stellt sich ein autonom gesteuertes Fahrzeug dem besonders dichten Verkehr rund um das größte Volksfest der Welt. Unter Leitung der Technischen Universität München (TUM) hat das Münchner Cluster für die Zukunft der Mobilität in Metropolregionen (MCube) das vollautomatisierte „Wiesn Shuttle entwickelt“. In einem zweittägigen Reallabor wird es am 25. und 26. September getestet.

Reger Stadtverkehr, unberechenbare Fußgängerströme, Fahrräder, Rikschas und andere Verkehrsteilnehmende – auch verkehrstechnisch herrscht während des Oktoberfests rund um die Theresienwiese eine besondere Situation. Mit modernsten Sensoren und Computertechnik ausgerüstet, stellt sich das TUM-Versuchsfahrzeug EDGAR der Herausforderung. Das Team ist sich sicher, dass die Künstliche Intelligenz (KI) die Aufgabe mit Bravour bewältigen wird, im Notfall kann aber jederzeit ein Mensch in die Fahrt eingreifen. Autonomes Fahren ist einer der vielversprechendsten Bausteine für die Verkehrswende.

Unfallfrei und sicher unterwegs

Als Test-Fahrgäste stellten sich am 25. September Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume, Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter, TUM-Präsident Prof. Thomas F. Hofmann und der Referent für Arbeit und Wirtschaft, Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner, zur Verfügung. Der Rundkurs führte rund 20 Minuten lang durch die Gegend um das Volksfestgelände.
Prof. Thomas F. Hofmann, Präsident der TUM, sagte: „Das MCube Wiesn Shuttle hier am größten Volksfest der Welt ist ein wunderbares Beispiel für die Verbindung von Tradition und Zukunft. Es bringt Pioniergeist und Spitzenforschung an die Menschen und macht München einmal mehr als europäische Vorreiterin für zukünftige Mobilität erfahrbar.“

Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume sagte: „Mit dem weiß-blauen Partybus entspannt und fahrerlos zur Wiesn – die TUM macht’s mit dem MCube Cluster möglich! Das Wiesn-Shuttle ist der nächste Coup für das erfolgreiche TUM-Fahrzeugtechnik Team. Der Münchner Verkehr zur Wiesnzeit: Sicher ein ganz besonderes herausforderndes Reallabor für die Mobilitätswende. Aber das mit TUM-Technik vollgepackte Shuttle EDGAR – stilecht in weiß-blau – besteht den Härtetest im Münchner Stadtverkehr mit Bravour. In diesem Jahr heißt es auf der Wiesn nicht nur ‚O’zapft is‘, sondern auch ‚Ob‘gfahrn is‘. Und damit die Technologie zügig in die reale Anwendung kommen kann, fördern wir den Cluster MCube auch weiterhin.“
Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter sagte: „Was hier an der Theresienwiese zwei Tage lang stattfindet, ist nicht nur Forschung im Reallabor, sondern ein spannendes Testfeld für die Mobilität der Zukunft. Unser Forschungsfahrzeug EDGAR ist also weit mehr als eine sympathische Wiesnattraktion. Die Vorteile liegen auf der Hand: Ein automatisierter ÖPNV könnte Personalengpässe ausgleichen, für mehr Sicherheit sorgen und das Angebot für die Kund*innen attraktiver machen. Ich bin gespannt, was die Daten ergeben und wünsche allen, die mitfahren wollen, viel Spaß!“ Am heutigen Donnerstag (26.9.2024) können sich auch andere Gäste des Oktoberfests für eine Fahrt anmelden.

Erfolgreiche Rennsport-Technologie im Einsatz

Wichtige Grundlagen für das „Wiesn Shuttle“ kommen aus dem autonomen Motorrennsport. Seit 2022 nimmt das Team um Markus Lienkamp, Professor für Fahrzeugtechnik an der TUM und Sector Head Mobility des Munich Institute for Robotics and Machine Intelligence, an verschiedenen internationalen Rennserien teil. „Ohne menschlichen Fahrer oder Fernsteuerung, allein mit der überlegenen autonomen Software, konnte das Team bereits zahlreiche Siege einfahren, zuletzt im April auf der Formel 1-Strecke in Abu Dhabi. Selbst ohne Kontakt zu einem Navigationssatelliten, etwa in Tunneln, navigiert das Fahrzeug sicher“, sagte Markus Lienkamp.

Open-Source-Ansatz: Mehr Sicherheit und Wissenstransfer

Eine Besonderheit des Projekts ist die Offenlegung des Quellcodes der eingesetzten Software. Dadurch sind alle sicherheitsrelevanten Mechanismen auch von externen Fachleuten einsehbar und überprüfbar. Mögliche Schwachstellen können so von einer riesigen weltweiten Community identifiziert und vom Projektteam dann umgehend behoben werden. Kommerzielle Anbieter hingegen halten ihre Quellcodes meist streng geheim. Geht es nach Markus Lienkamp, soll der Open-Source-Ansatz in Zukunft nicht nur in der Forschung zum Einsatz kommen, sondern dafür sorgen, dass auch kommerzielle autonome Fahrzeuge nachvollziehbar und sicher fahren.
(Quelle: Pressemitteilung TUM / Beitragsbild: Symbolfoto re)

Ein Schleim für alle Fälle – Was „Mucine“ in der Medizin können

Ein Schleim für alle Fälle – Was „Mucine“ in der Medizin können

München – Wir haben sie auf den Augen, auf der Zunge und im Magen: eine schützende Schleimschicht, die vor allem aus Mucinen besteht. Diese Moleküle binden Wasser und bilden so einen natürlichen Schmierstoff. Forschende der Technischen Universität München (TUM) entwickeln daraus Beschichtungen für Kontaktlinsen und Intubationsschläuche, Wundheilungspflaster für Zunge oder Darm und mehr.

Rund vier Millionen Personen in Deutschland tragen Kontaktlinsen. Bei Patientinnen und Patienten mit trockenen Augen, bei denen der natürliche, schützende Gleitfilm zwischen Auge und Linse nicht ausreicht, kann das Tragen jedoch unangenehm sein und die Hornhaut sogar beschädigt werden. Daher hat das Team um  Oliver Lieleg, Professor für Biopolymermaterialen an der TUM, eine Beschichtung aus Mucinen entwickelt. Sie ist nur wenige Mikrometer dick, durchsichtig und schützt das Auge vor Schaden durch Reibung.
Das Team hat Mucin speziell gereinigt und damit weiche und harte Kontaktlinsen beschichtet. Getestet haben die Forschenden die beschichteten Linsen an präparierten Schweineaugen. Dank der Beschichtung ließen sich die Linsen deutlich besser benetzen und die Forschenden konnten unter dem Mikroskop zeigen, dass die Hornhaut auch nach Versuchen mit Belastung durch Reiben intakt blieb. Die Linsen blieben transparent und waren durch die Mucin-Schicht sogar resistent gegenüber Fettablagerungen. Diese kommen natürlicherweise im Tränenfilm vor und können bei längerem Gebrauch zu einer Trübung von Kontaktlinsen führen.
Außerdem haben die Forschenden eine Mucinbeschichtung für Intubationsschläuche entwickelt, um Gewebeschäden vorzubeugen und auch noch andere Anwendungsmöglichkeiten erprobt. 
(Quelle: Pressemitteilung TUM / Beitragsbild: Symbolfoto re)