Lebendige Gärten statt stille Archive

Lebendige Gärten statt stille Archive

Landkreis Rosenheim – Der Landkreis Rosenheim setzt sich intensiv für den Erhalt alter Apfel- und Birnensorten ein und hat nun nach Höhenmoos den zweiten Sorten-Erhaltungs-Garten im Landkreis Rosenheim auf einer landkreiseigenen Fläche bei Kohlstatt eröffnet.

Mitarbeiter des Bauhofs zusammen mit Kreisfachberater Daniel Richter (3. von links), Streuobstberater Martin Landes (4. von links), Landrat Otto Lederer (6. von links), Pomologe Georg Loferer (7. von links), Kreisfachberater Roman Pröll (8. von links) und Projektmanager Evi Bichler-Öttl (rechts). Foto: Landkreis Rosenheim

Mitarbeiter des Bauhofs zusammen mit Kreisfachberater Daniel Richter (3. von links), Streuobstberater Martin Landes (4. von links), Landrat Otto Lederer (6. von links), Pomologe Georg Loferer (7. von links), Kreisfachberater Roman Pröll (8. von links) und Projektmanager Evi Bichler-Öttl (rechts). Fotos: Landratsamt Rosenheim

Vor wenigen Tagen wurde mit den Vorarbeiten für die Pflanzarbeiten vor Ort begonnen. Parallel zu Kohlstatt entsteht momentan eine dritte Fläche bei Unterapfelkam.
95 vergessene Apfel- und Birnensorten werden auf der Fläche nördlich des Zeltplatzes in Kohlstatt ihre neue Heimat finden. Diese Sorten wurden im Rahmen des Biodiversitätsprojektes „Apfel – Birne – Berge – Alte Obstsorten im oberbayerischen Alpenvorland“ gesucht, genetisch untersucht und nachgezogen, so dass sie nun in diesem Sorten-Erhaltungs-Garten wachsen und gedeihen können. Neben Landrat Otto Lederer und der Projektverantwortlichen Eva Bichler-Öttl waren auch die beiden Kreisfachberater des Landkreises Rosenheim, Roman Pröll und Daniel Richter, der erfahrene Pomologe Georg Loferer, der Streuobstberater des Landkreises, Martin Landes, sowie Mitarbeiter des Kreisbauhofs zur Eröffnung am Morgen vor Ort.

„Unbekannte Sorten wieder entdeckt“

Rosenheims Landrat Otto Lederer zeigte sich erfreut über die Vielfalt, die in den zurückliegenden Jahren gesammelt wurde und dankte allen Beteiligten für das Engagement und den tatkräftigen Einsatz für unsere Heimat: „Es gab Höhen und Tiefen in der Vergangenheit, aber wir sehen heute einmal mehr, dass sich die Mühen gelohnt haben. Wir haben unbekannte Sorten wieder entdeckt und nun ist die nächste Aufgabe, diese auch den Menschen näher zu bringen.“ Ein Ziel, das auch Projektmanagerin Evi Bichler-Öttl, verfolgt: „Ein Sorten-Erhaltungs-Garten wie dieser ist eine Keimzelle für den Erhalt und die Wiederverbreitung dieser besonderen Obstsorten. Um eine solche Keimzelle zu werden, müssen wir die Menschen hierherbringen und sie für die Vielfalt interessieren. Es sollten lebendige Gärten statt stille Archive entstehen.“
Der Kreisfachberater Roman Pröll ist neben Eva Bichler-Öttl ebenfalls schon seit Projektbeginn involviert und gab vor Ort einen kurzen Rückblick zu den Anfängen bis heute. „Es ist über die Jahre ein Projekt entstanden, das bayernweit Aufmerksamkeit bekommt. Wir haben Sorten entdeckt, die hier aus der Region stammen und für uns völlig unbekannt sind. Wir kennen die Eigenschaften nicht und wissen auch heute noch nicht, wie wichtig diese für uns werden können. Wir stehen hier in einer lebenden Genbank, die wir schützen müssen.“

Es gibt so viel mehr als Granny Smith und Golden Delicious

Denn: Pink Lady, Granny Smith oder Golden Delicious – diese Sorten hört man in Zusammenhang mit Äpfeln heute häufig. Doch es gibt so viel mehr Sorten, die zum Teil bereits hunderte von Jahren alt sind und drohen, in Vergessenheit zu geraten. Jedoch sind diese Sorten an unsere Klimabedingungen bestens adaptiert. 272 vergessene Apfel- und Birnensorten wurden im Rahmen des Projekts wiederentdeckt, darunter attraktive Tafelsorten, aber auch ertragreiche und aromatische Wirtschaftssorten, z. B. Dorr- und Brennbirnen. An dem Projekt beteiligen sich neben dem Landkreis Rosenheim auch die Landkreise Traunstein, Miesbach, Bad Tölz-Wolfratshausen, Weilheim-Schongau, die Biosphärenregion Berchtesgadener Land sowie der Bezirksverband Oberbayern für Gartenkultur und Landespflege. Die Errichtung des Sorten-Erhaltungs-Gartens in Kohlstatt wird zudem gefördert aus Mitteln der Landschaftspflege und Naturpark Richtlinie des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz. Das Gesamtprojekt wird gefördert vom Bayerischen Naturschutzfonds.
(Quelle: Pressemitteilung Landkreis Rosenheim / Beitragsbild, Foto: Landkreis Rosenheim)

Eine lebende Genbank

Eine lebende Genbank

Rohrdorf / Landkreis Rosenheim – Lebende Genbank: der Landkreis Rosenheim will sich intensiv für den Erhalt alter Apfel- und Birnensorten einsetzen und hat deshalb einen ersten Sorten-Erhaltungs-Garten in Höhenmoos (Rohrdorf) erreichtet.

Frisch gepflanzte Bäume vor Bergkulisse

Die Bäumchen wachsen auf einem Grundstück in Rohrdorf vor traumhafter Bergkulisse. Fotos: @Landratsamt Rosenheim

Der Landkreis pachtet das Grundstück von der Gemeinde Rohrdorf. Mit der Beteiligung von ehrenamtlichen Helfern wurden am Freitagvormittag die ersten Bäume gepflanzt. Landrat Otto Lederer hat zusammen mit Maria Haimmerer, zweiter Bürgermeisterin der Gemeinde Rohrdorf, den beiden Kreisfachberatern des Landkreises Rosenheim, Roman Pröll und Susanne Summerer, der Projektmanagerin von „Apfel.Birne.Berge“, Eva Bichler-Öttl, Prof. Dominikus Kittemann von der Hochschule Weihenstephan, dem Pomologen Georg Loferer sowie zahlreichen Vertreterinnen und Vertretern der Gemeinde, des Landschaftspflegeverbandes, der Obst- und Gartenbauvereine und des Kreisverbandes die Pflanzaktion eröffnet.

„Unsere Region soll reicher werden. Reicher an Arten und reicher an dem, was uns schon seit vielen Jahren ausmacht“, betont Landrat Otto Lederer. „Mit diesem Sorten-Erhaltungs-Garten möchten wir einen großen Teil dazu beitragen, dass all die alten und vergessenen Sorten wieder in unsere Region zurückkommen und so einen wichtigen Beitrag zur Landschaftspflege und Sortenvielfalt leisten.“ Finanzielle Unterstützung für das Projekt kommt von der Regierung von Oberbayern. 

Landrat Otto Lederer, Projektmanagerin Eva Bichler-Öttl, Pomologe Georg Loferer und Maria Haimmerer, zweite Bürgermeisterin von Rohrdorf beim Baumpflanzen

Landrat Otto Lederer, Projektmanagerin Eva Bichler-Öttl, Pomologe Georg Loferer und Maria Haimmerer, zweite Bürgermeisterin von Rohrdorf (von links) beim Baumpflanzen. 

Rohrdorfs zweite Bürgermeisterin Maria Haimmerer erinnerte sich an den eigenen Obstgarten aus ihrer Kindheit und weiß: „Als die modernen Sorten kamen, sollte alles, was alt war, weg. Jetzt geht der Trend wieder zum Alten und Traditionellen. Das freut mich sehr.“

In den kommenden Monaten und Jahren
sollen noch weitere Bäume gepflanzt werden.

180 Bäume wurden gepflanzt – 53 Hochstämme und 130 Spindelbäume. Diese Pflanzaktion ist der Auftakt für den Sorten-Erhaltungs-Garten. In den kommenden Monaten und Jahren sollen noch weitere Bäume angepflanzt werden, etwa zwei Drittel davon sind unbekannte Sorten, etwa ein Drittel seltene oder besonders ungewöhnliche
Pink Lady, Granny Smith oder Golden Delicious – diese Sorten hört man in Zusammenhang mit Äpfeln heute häufig. So viele verschiedene Sorten gibt es, manche Hunderte von Jahre alt und längst vergessen.

262 vergessene Apfel-
und Birnensorten wurden entdeckt

Seit 2015 macht sich das Biodiversitätsprojekt „Alte Obstsorten im oberbayerischen Alpenvorland“ auf die Suche nach genau solch alten, längst vergessenen oder unbekannten Sorten, gab Projektmanagerin Eva Bichler-Öttl einen kurzen Rückblick: „Wir waren überrascht, wie viele vergessene Sorten es gibt. Wir waren aber auch entsetzt, denn: Wie viel geht uns da verloren, wenn wir nicht handeln?“ 262 vergessene Apfel- und Birnensorten wurden entdeckt, darunter zum Beispiel auch Dörrbirnen, Schnapsbirnen, Mostäpfel oder Tafeläpfel.

An dem Projekt beteiligen sich die Landkreise Traunstein, Rosenheim, Miesbach, Bad Tölz-Wolfratshausen, Weilheim-Schongau, das Berchtesgadener Land sowie der Bezirksverband Oberbayern für Gartenkultur und Landespflege.

Pomologe Georg Loferer erklärte die Vorgehensweise: „Die bisher unbekannten Sorten werden sorgfältig dokumentiert und genetisch weiter untersucht.“ Ziel sei es, die wiederentdeckten Obstbäume nachzuziehen. „Anschließend werden die Sorten in allen teilnehmenden Landkreisen ausgepflanzt.“ Sorten, die vor dem Aussterben bedroht sind, sollen zunächst an öffentlichen Orten zugänglich gemacht werden, so wie hier in Höhenmoos. Später, in ein paar Jahren, soll es diverse alte Obstbäume über ausgesuchte Baumschulen zu kaufen geben.

6 Personen beim Pflanzen eines kleinen Birnbaums

Der erste Birnbaum wird eingepflanzt.

Professor Dominikus Kittemann von der Hochschule Weihenstephan nannte den Sorten-Erhaltungs-Garten eine „lebende Genbank“ und freut sich besonders über den Austausch, der hier angestoßen wurde.
Im Rahmen dieses Projekts werden nun diese unbekannten oder „vergessenen“ Sorten nachgezogen. Kreisfachberaterin Susanne Summer freut sich, dass mit dem Projekt in Höhenmoos die Ergebnisse der zurückliegenden Jahre nun sichtbar sind. „In den kommenden zwei Jahren sind sie hoffentlich dann auch schmeckbar.“ Denn die Früchte dieser alten Sorten sollen Interessierte im Sorten-Erhaltungs-Garten in Höhenmoos später einmal probieren können.
(Quelle: Landratsamt Rosenheim / Beitragsbild, Fotos: @Landratsamt Rosenheim. Beitragsbild zeigt Promologe Georg Loferer mit einem Paradiesapfel)