Milder Dezember beeinflusst Bayern Tier- und Pflanzenwelt

Milder Dezember beeinflusst Bayern Tier- und Pflanzenwelt

Bayern – In vielen Regionen Bayerns liegen die Temperaturen derzeit tagsüber bei bis zu 10 Grad und fallen nachts häufig nicht unter den Gefrierpunkt. Nach Angaben des LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) wirkt sich diese Witterung auf Tiere und Pflanzen aus: Mancherorts zeigen sich erste Knospen und Frühblüher, und auch Vogelaktivität ist zu beobachten.

„Der Jahreszyklus der Tiere orientiert sich stark an der Tageslänge, aber auch Temperaturschwankungen beeinflussen das Verhalten. So kann es passieren, dass mancherorts Igel, Feldhamster und Fledermäuse aus dem Winterschlaf erwachen oder Eichhörnchen ihre Winterruhe unterbrechen“, sagt die LBV-Biologin Christiane Geidel.

Winterschläfer könnten wieder aktiv werden

Im November wurden in vielen Teilen Bayerns frostige Temperaturen gemessen. Laut LBV hatten zahlreiche Säugetiere wie Igel, Siebenschläfer und Feldhamster bereits ihren Winterschlaf begonnen, während beispielsweise Eichhörnchen und Dachs in Winterruhe waren. Nach Angaben des Verbands kann der aktuelle Temperaturanstieg dazu führen, dass Tiere wieder aktiv werden. Dabei verbrauchen sie Energie, obwohl nur eingeschränkt Nahrung zur Verfügung steht. Setzt im weiteren Verlauf erneut Frost ein, kann dies für geschwächte Tiere problematisch sein.
Auch Fledermäuse, die den Winter in Höhlen verbringen, können laut LBV bei Temperaturen ab etwa fünf Grad Celsius kurzzeitig ausfliegen. Dies sei grundsätzlich möglich, häufiger auftretende Aktivität könne jedoch zu erhöhtem Energieverbrauch führen. „Der Winterschlaf ist eine wichtige Ruhephase für viele Tiere. Die Entwicklung der kommenden Jahre wird zeigen, wie sich solche Störungen auf Lebensdauer und Fortpflanzungserfolg auswirken“, so Geidel. Bei gefundenen erschöpften Tieren empfiehlt der LBV, sie vorsichtig in einen gut belüfteten Karton zu setzen und die Fledermaus-Koordinationsstelle zu kontaktieren.

Nach Angaben des LBV können bei milden Temperaturen auch Amphibien vorübergehend aktiv werden und sich Laichgewässern nähern. Bei sinkenden Temperaturen ziehen sie sich wieder in geschützte Bereiche zurück. Ihr Verhalten werde neben der Temperatur auch von Tageslänge und hormonellen Signalen beeinflusst. Vereinzelt könne es dennoch zu Risiken kommen, etwa beim Queren von Straßen, da Schutzzäune im Dezember üblicherweise noch nicht aufgebaut sind.

Auch für Vögel beschreibt der LBV Auswirkungen. Einige Arten bleiben demnach zunehmend im Brutgebiet, statt in südliche Überwinterungsräume zu ziehen. Dazu zählen unter anderem Weißstorch, Rotmilan sowie verschiedene Singvögel wie Buchfink, Star und Mönchsgrasmücke. Um entsprechende Entwicklungen zu erfassen, sammelt der Verband Daten bei der Mitmachaktion „Stunde der Wintervögel“ vom 9. bis 11. Januar und im „Bayerischen Wintervogelatlas“.

„Strenge Winter räumen in den Populationen auf“

Der LBV weist zudem darauf hin, dass manche Arten – beispielsweise der Eisvogel – in milden Wintern bessere Bedingungen bei der Nahrungssuche vorfinden, da Gewässer weniger zufrieren. Gleichzeitig betont der Verband, dass strengere Winter ebenfalls eine Rolle im natürlichen Geschehen spielen. „In zu warmen Wintern überleben auch die Tiere, die eigentlich zu schwach, krank oder alt sind. Strenge Winter räumen – so hart es klingt – in den Populationen auf und machen diese insgesamt widerstandsfähiger“, sagt Geidel.

Warmer Herbst verwirrt  Bayerns Tier- und Pflanzenwelt

Warmer Herbst verwirrt Bayerns Tier- und Pflanzenwelt

Hilpoltstein / Bayern – Der vergangene Oktober war der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Auch der November beginnt mit Rekordtemperaturen. Wie derzeit zu beobachten ist, hat die milde Witterung vielfältige Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt in Bayern.

„Viele Zugvögel, vor allem Kurzstreckenzieher wie Stare, sind noch nicht auf dem Weg in den Mittelmeerraum, Winterschläfer wie der Igel zögern ihre Ruhephase hinaus und sind in den Gärten unterwegs und auch Fledermäuse fliegen noch auf Nahrungssuche umher“, sagt LBV-Expertin Dr. Angelika Nelson. Die Veränderungen im Jahreslauf können weitreichende Folgen für das gesamte Ökosystem haben. Der bayerische Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) mahnt deshalb dringend verstärkte Anstrengungen im Klimaschutz an.
Wann Zugvögel in den Süden aufbrechen, hängt neben der Tageslänge auch von der Umgebungstemperatur, Windstärke, Windrichtung und dem aktuellen Nahrungsangebot ab. Vor allem Vogelarten, die normalerweise im Mittelmeerraum überwintern, bleiben aufgrund der Einflüsse des Klimawandels immer länger in Bayern. „In den vergangenen Jahren haben die Teilnehmenden bei unserer Mitmachaktion im Januar, der Stunde der Wintervögel, vermehrt Beobachtungen von Kurzstreckenziehern wie Zilpzalp oder Mönchsgrasmücke gemeldet. Vor einigen Jahren waren solche Sichtungen noch eine Rarität ”, weiß Angelika Nelson.
Vögel, die in Bayern überwintern, profitieren im Frühjahr: Sie beginnen früher mit der Brut und sichern sich die besten Nistplätze. Für Langstreckenzieher wie Kuckuck oder Gartenrotschwanz, die den Winter südlich der Sahara in Afrika verbringen, kann das Nachteile haben. Wenn sie im Frühjahr nach Europa zurückkehren, finden sie unter Umständen keine geeigneten Brutplätze mehr. Das veränderte Zugverhalten einiger Arten betrifft außerdem Vögel, die schon immer in Bayern überwintern, wie Kohl- und Blaumeise. Sie müssen sich die begrenzten Ressourcen nun mit den neuen Daheimgebliebenen teilen.

Tiere reagieren unterschiedlich auf den Wandel

Problematisch sind die Veränderungen im Jahreszyklus auch deshalb, weil nicht alle Tiere gleich auf sie reagieren. „Über Jahre eingespielte Beziehungen zwischen verschiedenen Lebewesen geraten aus dem Takt”, erklärt Angelika Nelson. Für Igel kann es jetzt beispielsweise noch zu warm für den Winterschlaf sein. Insekten, Spinnen und Würmer, von denen sie sich ernähren, verstecken sich aber bereits an gut geschützten Orten für den Winter. „Die Igel verbrauchen jetzt wertvolle Energie bei der Nahrungssuche und haben Schwierigkeiten sich genügend Fettreserven anzufressen“, erklärt Angelika Nelson. Ähnlich geht es den Fledermäusen, die bereits im Sommer unter dem Mangel an Fluginsekten gelitten haben. Sie brauchen für ihren Winterschlaf zudem Quartiere mit konstant kühlen Temperaturen. Ist es in den Höhlen und Spalten zu warm, verbrauchen sie unnötig Energie für ihren Stoffwechsel.

Gefahr für kälteliebende Arten

Bleiben die Temperaturen auch in den kommenden Monaten über dem langjährigen Mittel, kann es in einigen Gebieten zu Veränderungen in der Artenzusammensetzung kommen. Alpine Arten wie das Alpenschneehuhn, nordische Gänsearten oder die Wacholderdrossel sind auf kalte Wohlfühltemperaturen angewiesen. „Bei steigenden Temperaturen ziehen sie sich in höhere Lagen und nach Norden zurück. Da diese Rückzugsgebiete geografisch begrenzt sind, stellt die Klimakrise eine große Gefahr für ihr Vorkommen dar“, so die Biologin.
Die vielfältigen Auswirkungen des Klimawandels und des damit einhergehenden Artensterbens haben auch Folgen für die Landwirtschaft und damit für die Menschen und ihre Lebensgrundlage. „Klimaschutz ist Menschenschutz. Wenn die Natur aus dem Gleichgewicht gerät, hat das direkte Konsequenzen für uns“, sagt die LBV-Biologin Angelika Nelson. Aus Sicht des LBV ist es daher unbedingt notwendig, den Klima- und Artenschutz in Bayern weiter voranzutreiben.
(Quelle: Pressemitteilung LBV / Beitragsbild: Symbolfoto re)